Cast Away (Verschollen): ein Film über die menschlichen Hauptbedürfnisse

Was treibt den Menschen an? Was ist das Minimum, was ein Mensch zum Überleben braucht? Um diesen Fragen nachzugehen, erzählt der Film Cast Away (Verschollen) die Geschichte des FedEx-Angestellten Chuck Noland (gespielt von Tom Hanks) aus Memphis, Tennessee, der bei einem Flugzeugunglück über dem Südpazifik ins Meer stürzt und bis zu seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten mehrere Jahre um die nackte Existenz kämpft. In der zentralen Szene des Films Cast Away (Verschollen) zeigt Regisseur Robert Zemeckis, wie Noland aus der Befriedigung der menschlichen  Hauptbedürfnisse „Sicherheit“, „Verbindung“ und „Entwicklung“ die Kraft zum Weitermachen und zum Überleben zieht. In diesem Blog analysiere ich diese berühmte “Feuer-Szene” und stelle den Querbezug zur Neurobiologie her.

Cast Away (Verschollen) – was sind die menschlichen Hauptbedürfnisse?

Welches sind die menschlichen Hauptbedürfnisse? In meinem Artikel „Die ultimative Bedürfnisliste“ vergleiche ich die Bedürfnis-Kategorien von Abraham Maslow, Clayton Alderfer, Manfred Max-Neef, Marshall Rosenberg und Gerald Hüther (und stelle sie in den Zusammenhang zum Film Cast Away – Verschollen). Abraham Maslow unterschied sogenannte „Defizitbedürfnisse“ Grund- oder Existenzsicherung, Sicherheit und sozialer Anschluss von sogenannten „Wachstumsbedürfnissen“ Anerkennung, Selbstverwirklichung und Transzendenz. Clayton Alderfer verdichtete die Erkenntnisse Maslows zur ERG-Theorie. Für Alderfer nehmen die Bedürfnisse „Existence“, „Relatedness“ und „Growth“ die wichtigste Motivationskraft für den Menschen ein.

Manfred Max-Neef und Marshall Rosenberg erweiterten den Kreis auf neun, klar abgrenzbare Bedürfnisse, die jeder Mensch auf der Welt kennt und die das menschliche Handeln antreiben: Lebenserhaltung, Schutz, Zuneigung, Verständigung, Beteiligung, Spiel (Muße), kreatives Schaffen, Identität und Freiheit. Aktuelle neurobiologische Veröffentlichungen (wie zum Beispiel die Bücher von Gerald Hüther) deuten darauf hin, dass „Sicherheit“, „Verbindung“ und „Entwicklung“ wahrscheinlich die Bedürfnisse sind, die von Geburt an die Hauptrolle im Leben eines Menschen spielen.

Cast Away (Verschollen) – die berühmte Feuer-Szene

Die zentrale Szene in Cast Away (Verschollen) zeigt Noland beim Feuermachen. Der FedEx-Manager hat mit der Zeit einen veritablen Hass auf Kokosnüsse und rohen Fisch entwickelt. Als in Folge eines Sturms amerikanische Pakete an den Strand geschwemmt werden, schöpft Noland neue Hoffnung. Ein Paar Schlittschuhe lassen sich als Axt einsetzen. Einen Volleyball mit dem Logo der Firma Wilson taugt zu einer Art Puppenkopf. Noland diskutiert mit Wilson unterschiedliche Arten des Feuermachens, die durch geschickten Einsatz der Axt möglich werden. Noland verbindet mit Feuer die Hoffnung, sich vor Tieren und Kälte zu schützen, Notsignale abzusetzen, sowie Fisch und Krebse zu braten.

Cast Away (Verschollen) bringt in dieser Szene (nach ca. 63 Minuten Filmzeit) die existenziellsten menschlichen Bedürfnisse „Sicherheit“, „Verbindung“ und „Entwicklung“ auf den Punkt. Noland sehnt sich nach Nähe und Kontakt, er malt sich einen Kopf. Das Wetter schwächt ihn und die einseitige Ernährung ekelt ihn an – er braucht Feuer, um sich sicher zu fühlen und weiter existieren zu können. Als er die angeschwemmten Pakete öffnet, erkennt er in den Inhalten die Chance, seine Lage verändern zu können. Er wird kreativ und entwickelt Ideen, um Feuer zu machen und von der Insel zu fliehen.

Cast Away (Verschollen) – Filmbewertung

Regisseur Robert Zemeckis hatte mit Forrest Gump bereits einen Volltreffer in der Zusammenarbeit mit Tom Hanks gelandet. Cast Away (Verschollen) hat allerdings nicht die filmische Klasse von Forest Gump, das Drehbuch ist zu lang geraten. Dennoch enthält Cast Away (Verschollen) einige wirklich bewegende Szenen wie

  • die Szene, in der Noland vergeblich versucht, die Brandung zu durchbrechen und von der Insel zu fliehen (0.52)
  • die Szene, in der Noland sich selbst einen eiternden Zahn zieht (1.12)
  • die Szene, in der Noland als Schiffbrüchiger an einem Containerschiff vorbei treibt (1.41)
  • die Szene, in der Noland als „Geist“ zu seiner Ex-Freundin zurückkehrt und feststellt, dass das Leben an ihm vorbei gegangen ist (1.52)

Während dem Film unter technischen und dramaturgischen Gesichtspunkten diverse Kürzungen gut getan hätten, brilliert Tom Hanks mit seiner spröden Art in jeder einzelnen Szene. Er, der Logistik-Manager, der durch einen Sturm aus der Selbstsicherheit einer geregelten Existenz gerissen wird („Von unserer Uhr hängt es ab, ob wir überleben oder sterben“), muss durch eine Hölle von Verzicht gehen, um sich am Ende von allen fixen Erwartungen an die Zukunft lösen zu können und echte Freiheit zu erleben. „Jetzt weiß ich, was ich tun werde. Ich werde weiter atmen, weil morgen wieder die Sonne aufgeht. Und wer weiß, was die Flut bringt…“

Cast Away (Verschollen) – Hintergrundwissen

Cast Away wurde auf Monuriki, einer von mehreren Mamanuca-Inseln gedreht. Die Inselgruppe gehört zum Mamanuca-Archipel, der in der Nähe der größten Fidschi-Insel Viti Levu liegt.

Cast Away (Verschollen) bei Wikipedia