Das Labyrinth der Wörter

Der wunderbare Film Das Labyrinth der Wörter von Jean Becker erzählt die Geschichte des Dorftrottels Germain, der als Kinder von seiner Mutter und seinem Lehrer gedemütigt wird, bis er seine Entwicklungsstörung davon trägt. Trotzdem bewahrte er sich einen weichen Kern, der im Alter von 45 Jahren in Schwingung gerät, als er der 94 Jahre alten Margueritte begegnet. Margueritte führt Germain in die Schönheit der Literatur ein. Die zentrale Begegnung in Das Labyrinth der Wörter verändert das Leben beider Menschen. Die Begegnung mit Margueritte hilft ihm auf seine ersten Lebensjahre zurück zu schauen und die Erfahrungen der Verwahrlosung aufzuarbeiten, um endlich Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. In diesem Blog analysiere ich wichtige Szenen des Films Das Labyrinth der Wörter unter dem Aspekt der Bedeutung frühkindlicher Empathieförderung.

Das Labyrinth der Wörter über Vorbildverhalten und Traumatisierung

„Ich hatte kein Vorbild, ich musste mir alles selbst beibringen“, schimpft Germain in Das Labyrinth der Wörter. Gezeugt auf einem Dorffest am Nationalfeiertag, vom Vater verlassen, von der Mutter mit Zorn überschüttet und vom Lehrer verhöhnt, wird aus dem kleinen Germain ein Analphabet und Dorftrottel. Als Margueritte ihm am Anfang von Das Labyrinth der Wörter die Worte „das Leben verspricht einem Dinge, die es später nicht einhalten kann“ vorliest, fragt er: „Und wenn es umgekehrt wäre?“ Margueritte reagiert mit Freundlichkeit: „Gleichgültigkeit ist das Schlimmste was es gibt, besonders bei einer Mutter“. Die Dialoge in Das Labyrinth der Wörter geben die wesentlichen Einsichten der Neurowissenschaften oder der Trauma-Therapie wieder. Kein Wunder, dass ich von Das Labyrinth der Wörter in einem Buch von Luise Reddemann gelesen habe.

Das Labyrinth der Wörter über emotionale Resonanz

Germain scheitert in Das Labyrinth der Wörter immer wieder mit unbeholfenen Versuchen, anderen Menschen einfühlsam zur Seite zu stehen. Seinen Kumpel, der total besoffen seiner Frau hinterher weint, versucht er mit den Worten „aber sie ist doch tot“ zu überreden – worauf der sich zu erschießen versucht. Seine Wirtin, die mit Mitte 50 die Torschlusspanik überkommt, beruhigt er mit der Versicherung, dass ein Kumpel seine alte Schrottkarre auch noch losgeworden sei. Das Labyrinth der Wörter ist ein tiefsinniger Film, der sich humorvoll mit Empathie beschäftigt.

Das Labyrinth der Wörter über den Wert des Vorlesens

Das Labyrinth der Wörter ist auch ein Film über die Bedeutung des Vorlesens an sich. „Lesen bedeutet auch Zuhören. Kinder lernen lesen, indem sie zuhören.“ Außerdem ist der Akt des Vorlesens auch ein Akt des gemeinsamen Handelns, der zwischenmenschliche Beziehung fördert. Kein Wunder, dass mir Das Labyrinth der Wörter so ausnehmend gut gefallen hat, denn auch ich liebe es, nahestehenden Menschen vorzulesen. Aktuell lese ich auf meiner grünen Couch vor dem knisternden Ofen die Bücher „Kaputte Suppe“, „Sprache ohne Worte“ und „Die letzte Reise“ vor. In Das Labyrinth der Wörter wird hingegen die wunderbare französische Literatur gefeiert.

Sie kennen einen Film, der wunderbar in meinen Blog passen würde? Schreiben Sie mich einfach an! Ich freue mich auf Ihre Mail…

Das Labyrinth der Wörter über den Kreislauf der Gewalt

Germain reift im Verlauf von Das Labyrinth der Wörter zum Mann, adoptiert Margueritte als seine geliebte Ersatzmutter und resümiert: „Man sollte es sich zweimal überlegen, bevor man ein Kind zeugt. Ein Kind ist kein Hund.“ In Das Labyrinth der Wörter fasst er den Entschluss, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen.

Weitere Hinweise zum Film Das Labyrinth der Wörter

Das Labyrinth der Wörter wurde nach dem Roman von Marie-Sabine Roger gedreht. Der Originaltitel von Das Labyrinth der Wörter  lautet: “La tête en friche”, was soviel wie “Hohlkopf” bedeutet.

Weiterführende Links zu Das Labyrinth der Wörter

Die offizielle Internetpräsenz von Das Labyrinth der Wörter finden Sie hier

Das Labyrinth der Wörter im bei Wikipedia

Gérard Depardieu spielt den Germain in Das Labyrinth der Wörter ganz meisterhaft, an seiner Seite steht die bezaubernde 94jährige Gisèle Casadesus. Das Labyrinth der Wörter ist ab 6 Jahren freigegeben, jedoch erst schätzungsweise ab 8 oder 10 Jahren aufwärts spannend. Das Buch Das Labyrinth der Wörter von Marie Sabine Roger ist bei Hoffmann und Campe erschienen und kostet 18,- EUR.

Neugierig auf Seminare zum Thema Empathie?

S