Das Buch Systemisches Konsensieren von Georg Paulus, Siegfried Schrotta und Erich Visotschnig ist mein Lieblingssachbuch des Jahres 2009! Es könnte die Welt verändern, ohne Technik, ohne teures Arbeitsmaterial, einfach durch eine revolutionäre und leicht zu merkende Idee. Beim Systemischen Konsensieren geht es um Entscheidungen, die auf einem Maximum an Bedürfniserfüllung basieren. Es geht um Beschlüsse, die sich weitestgehend an einen Konsens annähern, ohne dass man sie durch ein Veto blockieren könnte. Das System wurde zwischen 1972 und 2001 von zwei Systemanalytikern der Computerindustrie aus Österreich entwickelt, um die Eltern-Selbstverwaltung einer Alternativschule zu unterstützen. Jahrelanges Experimentieren führte zu der Idee, das traditionelle Kriterium der Zustimmung bei Entscheidungen durch die Messung der Widerstände gegen konkurrierende Vorschläge zu ersetzen. 2005 wurde Systemisches Konsensieren als SK-Prinzip der Öffentlichkeit vorgestellt. Es hat eine große Zukunft vor sich.
Nachteile klassischer Entscheidungsverfahren mit Pro-Stimmen
Klassische Entscheidungsverfahren haben eine gravierenden Nachteil: Der Kampf um Mehrheiten spaltet die Abstimmenden in Gewinner und Verlierer. Häufig entsteht dabei ein mächtiger Widerstandsblock. Beschlüsse gegen große Teile der Betroffenen lassen sich jedoch nur mit Mühe durchsetzen. Das lässt sich in Unternehmen erleben, die Veränderungsprozesse gegen die Interessen der Stakeholder einleiten.
Ein grundsätzliches Problem von Mehrheitsbeschlüssen mit Pro-Stimmen ist, dass sie das Widerstandspotential gegen Entscheidungen nicht erfassen. Daher kann es sogar passieren, dass Entschlüsse mit einer relativen Mehrheit gefasst werden, die von der Mehrheit der Beteiligten nicht mitgetragen werden.
Systemisches Konsensierens mit Widerstandstimmen hat Vorteile
Beim Systemischen Konsensieren wird der Widerstand zu konkurrierenden Entscheidungen gemessen. Der Vorschlag mit dem geringsten Gesamtwiderstand wird ausgewählt. Es ist der Vorschlag, der die Höchstmögliche Akzeptanz in der Gesamtgruppe besitzt. Es handelt sich dabei nicht um Kompromisse oder der kleinsten gemeinsamen Nenner. Kompromisse und der kleinste gemeinsame Nenner ernten in der Regel hohe Widerstandswerte, weil sie die Bedürfnisse von fast niemandem befriedigen.
Das Buch über Systemisches Konsensieren
Das Buch Systemisches Konsensieren kostet nur 9,90 EUR und bringt das System auf 130 Seiten auf dem Punkt. Weil das Buch in einem winzigen Format gedruckt wurde, können sie es in nur zwei Stunden durchlesen. Es erklärt das „Schnellkonsensieren“ für kleine und leichte Entscheidungen und das „ausführliche Konsensieren“ für komplexe und konfliktbehaftete Entscheidungen.
Das Systemische Konsensieren hat mich nach der Lektüre so gepackt, dass es Teil meiner Lebensführung und Seminargestaltung geworden ist. Sie können damit Gruppenentscheidungen in Seminaren, Führungskreisen, Schulversammlungen, Kindergeburtstagen, politischen Gremien oder Familienversammlungen moderieren. Es führt systemisch bedingt zu optimalen Entscheidungen.
Warum man trotzdem ins SK-Seminar muss…
Das Buch Systemisches Konsensieren ist so logisch aufgebaut und mit so vielen Beispielen bestückt, dass man es sofort in die Praxis umsetzen kann. Dennoch habe ich festgestellt, dass das Moderieren mit Systemischen Konsensieren in kritischen Situationen eine Menge Praxis voraussetzt. Eine Seminarteilnahme mit fünf Seminartagen ist das Mindeste, was ich empfehle.
Denn Systemisches Konsensieren steht und fällt mit der Souveränität des Moderationsteams. Wenn das Moderationsteam den Überblick behält und sich stets allparteilich und verfahrenssicher verhält, wird der Entscheidungsprozess von der Gruppe als fair empfunden, auch wenn einzelne ihre Ideen nicht vollständig in die Lösung einbringen konnten. Das bedürfnisorientierte Verhandeln führt zu einer Annäherung und Überarbeitung von Lösungen, bis der Vorschlag tragfähig ist.
Warum mich Systemisches Konsensieren fasziniert
Das einzigartige am Systemischen Konsensieren ist, dass die Gruppenteilnehmer auch nach anstrengenden Aushandlungsprozessen gut gelaunt nach Hause gehen. Denn Systemisches Konsensieren schweißt Gruppen zusammen, anstatt sie zu spalten – auch und gerade bei kritischen Themen. Kinder treffen damit genauso optimale Entscheidungen zur Wahl des nächsten Spiels wie Topmanager/innen bei der Entscheidung über Millionenbudgets. Faszinierend!
© Al Weckert