Empathie-Training
Organisationsentwicklung
Konfliktmanagement
Dritter Teil der Serie über Selbstmarketing – Anregungen von Al Weckert
Veröffentlicht in: Empathische Zeit 4/2017
Im Verlauf meiner Trainerkarriere bin ich durch drei Entwicklungsphasen gegangen. In Phase Eins habe ich Tag und Nacht gelesen, Bücher und Artikel geschrieben und jede neue inhaltliche Entdeckung sofort in einem meiner Seminare ausprobiert. Ich wollte für jedes Thema das beste Werkzeug finden. In Phase Zwei entdeckte ich das prozessorientierte Arbeiten. Bei Seminarbeginn fragte ich die Teilnehmer nach ihren aktuellen Problemstellungen und entwickelte darauf basierend ad hoc ein maßgeschneidertes Seminar. Dabei ging es um den maximalen Sofortnutzen für die Anwesenden. Nicht einmal meine Assistenztrainer wussten, was in der nächsten Stunde passieren würde. In Phase Drei stellte ich alle bisher genutzten Elemente auf den Prüfstand und entwickelte Standards für „optimale” Seminare bezüglich Didaktik, In halt, Zeitmanagement und Materialien. Heute gewährleisten klare und sichere Strukturen den Rahmen, um das Streben nach inhaltlicher Exzellenz mit dem Blick auf die Teilnehmerbedürfnisse und Prozessoffenheit zu verknüpfen. Der dritte Teil meiner Selbstmanagement-Serie beschreibt diese Strukturen in der Form einer Checkliste.
Lernen braucht ein geeignetes Umfeld. Ich lege Wert auf Seminarräume, die akustisch und visuell Ruhe gewährleisten {nicht aus Zufall heißt mein wichtigster Kooperationspartner „Akademie im Park”). Die Räumlichkeiten sollen top ausgestattet sein: gefüllte Moderationskoffer, bewegliche Flipcharts, lichtstarke Beamer, saubere Projektionsflächen etc. Nichts ist peinlicher als Stellwände, die bei jeder Bewegung auseinanderfallen. Im Optimalfall ist ein Smartboard vorhanden, das Videos und Musik abspielt, PowerPoint-Präsentationen ermöglicht und (besser als ein Flipchart) alle Aufzeichnungen per Knopfdruck verschickt.
Der Veranstaltungsort soll über genügend (verbindlich gebuchte) Kleingruppenräume und eine grüne Umgebung für Aktivitäten im Freien verfügen. Freundliche Ansprechpartner vor Ort ermöglichen die schnelle Klärung von Störungen oder spontanen Notwendigkeiten. Ausreichend Licht, regulierbare Temperaturen und eine gute Belüftung schützen vor Ermüdung. Für die Pausenverpflegung stehen gesunde Nahrungsmittel wie Obst und Wasser (anstelle von Kuchen und Süßgetränken) bereit, damit die Teilnehmer fit bleiben. Das Mittagessen soll schnell erreichbar und gesund sein. Lange Wege und Fast-Food beeinträchtigen die Regeneration.
Das Seminar startet mit dem Überblick zu den Inhalten und einer Klärung der organisatorischen Fragen. Es gibt Informationen zur Tagesstruktur, zur Örtlichkeit und zur Verpflegung. Außerdem wird eine Abmachung zum „sicheren Rahmen” (Handy, Pünktlichkeit, Verschwiegenheit, Gesprächsregeln) getroffen. Bis hierher hat die Seminarstruktur nichts Außergewöhnliches an sich„
Die Arbeit am eigenen Kommunikationsverhalten erfordert jedoch auch deutliche Abweichungen von der Norm gängiger Abläufe. Die Arbeit an der inneren Haltung wird immer wieder durch Innehalten und Reflexion „unterbrochen”. Der Tag startet mit einer Einstimmung, bei der sich die Teilnehmer sammeln können. Nach jeder Übung gibt es Raum für ein „Sharing”, bei dem die Teilnehmer erzählen, was das Er lebte bei ihnen auslöst. Am Tagesende wird der Tag ausgewertet und nach dem aktuellen Befinden gefragt. Diese Reflexionselemente geschehen nicht pro Forma. Die Teilnehmer üben dabei Achtsamkeit im Umgang mit sich und anderen. Hier ist auch Raum für Feed back an das Trainer-Team und die Mit lernenden.
Generell gilt: Störungen haben Vorrang, Konflikte und Unzufriedenheiten werden zeitnah geklärt. Für persönliche Anliegen wird ein passender Rahmen gesucht. Bei Unklarheiten führt das Trainer-Team eine Stimmungsabfrage durch. Dadurch entsteht Vertrauen und Sicherheit.
Aber es wird auch für Heiterkeit und Ausgelassenheit gesorgt. Um das Zusammenwachsen der Gruppe zu beschleunigen, veranstaltet das Trainer-Team ein lustiges Namensspiel. Nach der Mittagspause werden die Teilnehmer mit einer unterhaltsamen Aktivierung wieder auf Touren gebracht.
Ich lege in Seminaren allergrößten Wert auf den Übungsanteil. Theorie können die Teilnehmer auch aus Büchern lernen. Der eigentliche Wert einer Seminarteilnahme besteht in der Zusammenarbeit, dem Ausprobieren des Gelernten und dem gegenseitigen Feedback. Das Lernen folgt dem stetigen Wechsel von 30 Prozent Vortrag (inklusive Vorführung der Übung durch das Trainerteam), 60 Prozent Übung und 10 Prozent Auswertung.
Rollenspiele lösen die größten Lerneffekte aus. Weil Rollenspiele nicht immer auf Gegenliebe stoßen, müssen sie knackig inszeniert und anmoderiert werden. Ich lasse die Teilnehmer ausschließlich an eigenen Beispielen üben. Auf diese Weise entsteht ein Sofortgewinn und damit hohe Zufriedenheit.
Mit zunehmender Trainingserfahrung reichert sich ein großer Methodenschatz an. Zu allen verwendeten Methoden schreibe ich zeitnah ein eigenes Handout im Firmenlayout. Wenn im Seminar ein Thema auftaucht, dass von hoher Bedeutung ist, aber im Übungsskript nicht behandelt wird, kann ich die passende Methode via Festplatte „aus dem Hut zaubern” und auf den Kopierer legen. Die Methodensammlung garantiert größtmögliche Flexibilität.
Die Qualität eines Kommunikationstrainings addiert sich maßgeblich aus der Sichtbarkeit des „roten Fadens” und der didaktischen „Vielfalt”. Vielfalt (zum Beispiel: Vorträge des Lead-Trainers, Kleingruppen-Betreuung durch Assistenten, Rollenspiele am eigenen Thema, Achtsamkeitsübungen zur Wiederholung der Kerninhalte, kleine und lustige Übungen im Wechsel mit her ausfordernden und schwierigen Übungen, Auswertungen und Feedback) garantiert Abwechslungsreichtum . Der rote Faden ergibt sich aus der Tagesübersicht und gut aufeinander auf bauenden Inhalten.
Bei Seminarmaterialien gibt es „nötige Standards”, „ungewöhnliche Extras” und „Bringer”. Mit den „ nötigen Standards ” müssen wir uns nicht lange aufhalten.
Hier reicht eine Liste zum Ankreuzen:
Unter „ungewöhnliche Extras” fasse ich Materialien, die den Seminarbetrieb auf ungewöhnliche Art erleichtern und Pep in die äußere Erscheinung bringen.
Beispiele:
Meine persönlichen „Bringer” habe ich über Jahre hinweg erarbeitet. Wenn mir dazu eine Idee kommt, notiere ich sie. Später setze ich die Ideen (je nach Finanzlage und Dringlichkeit) mit Hilfe von Experten (Grafiker, Druckerei …) um. Beispiele für außergewöhnliche Seminarmaterialien :
Das Thema Transfersicherung spielt besonders bei lnhouse-Seminaren eine große Rolle. Worin unterscheidet sich Ihr Angebot von dem der Konkurrenten? Was garantiert Unternehmenskunden, dass Ihr Seminar bei den Mitarbeitern eine messbare Veränderung auslöst? Um meine Kunden zu begeistern, habe ich viel Zeit in die Entwicklung exzellenter Materialien gesteckt.
Am Ende meiner zweiten Trainer-Entwicklungsphase (siehe Einleitung) war Improvisation zur Norm geworden. Meine Assistenten erlernten dabei völlige Flexibilität im Umgang mit Kundenbedürfnissen und die Überwindung ihrer Ängste gegenüber den Ungewissheiten der Zukunft. Allerdings ging diese Spontanitätsnorm auf Kosten der Merkfähigkeit. Menschen nutzen Strukturen, um sich Dinge einzuprägen. Deshalb entschied ich mich dafür, sämtliche Seminare testweise minutengenau durchzutakten.
Der hohe Nutzen dieser Herangehensweise überraschte mich. Der rote Faden trat deutlicher hervor und jedes Seminar bekam einen wirklich eigenen Charakter. Übungen kommen im Seminarkanon nur noch einmal vor. Auf diese Weise ist es für Kunden attraktiv alle Seminare zu buchen. Die Assistenten können sich besser vorbereiten und einbringen, Co-Trainer können Seminare nach diesem Schema selbständig für mich über nehmen. Die benötigten Materialien liegen vollständig auf Festplatte vor.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Arbeit mit Stoppuhren eingeführt. Die Kleingruppen bekommen einen elektronischen Timer in die Hand, bevor sie sich zurückziehen. Das führt zu kürzeren Wartezeiten nach Übungsende.
Seminare sind keine Marketingveranstaltung. Schließlich haben die Teilnehmer für eine Leistung bezahlt, die nicht durch Werbezeit vertrödelt werden soll. Trotzdem haben Seminare eine wichtige Marketingfunktion. Sie fördern die Kundenbindung.
Ich lege meine Bücher, Videos, Hörbücher und Zeitungsartikel zur Ansicht aus. Teilnehmer dürfen sich die Ansichtsexemplare über Nacht ausleihen.
Einige Übungen inszeniere ich als Wettkampf (zum Beispiel den Mimikresonanz-Selbsttest). Die Gewinner erhalten eine Prämie. Dafür habe ich Getränke-Dosen mit „Empathie in hohen Dosen” herstellen lassen.
Am Ende des Seminars erhält jeder Teilnehmer mit dem Frühstücksbrettchen (siehe Seminarmaterialien) einen Hinweis auf die Folgeseminare (inklusive dazugehöriger Flyer) . Wer eine bestimmte Kombination von Seminaren belegt, erhält ein zusätzliches Gesamtzertifikat. Das gibt inhaltlich Sinn (beispielsweise die Verbindung von GFK-, Mimik- und Vulkantraining) und erhöht den Anreiz für weitere Seminarbuchungen.
Zur Seminarorganisation gehört auch die Beachtung zahlreicher Formalitäten, wie zum Beispiel die Kontrolle von Anwesenheiten oder das Aushändigen von Zertifikaten. Viele Unternehmen erwarten von Trainern das Verteilen unternehmenseigener Feedbackbögen. Für den eigenen Newsletter können Adresslisten ausgelegt und aktualisiert werden. Die Assistenztrainer benötigen in der Regel eine Bescheinigung ihrer Tätigkeit. In der Summe muss man für diese Vorgänge (unabhängig von einer Feedbackrunde und der Verabschiedung) rund 15 Minuten einrechnen. Denken Sie daran, diese Zeit einzuplanen, denn viele Teilnehmer haben Anschlusstermine und müssen pünktlich los.
Was sich hier recht übersichtlich liest, ist in Wirklichkeit die Summe von jahrelanger kontinuierlicher Weiterentwicklung. Der dazugehörige Lernprozess lässt sich nur bedingt verkürzen – in diese Schuhe muss man hineinwachsen. Meiner Erfahrung nach kann man dabei nur geduldig einen Schritt nach den anderen setzen. Am besten entwickelt man Freude an kleinschrittiger Verbesserung. Das hält die Motivation oben.
Ich empfehle angehenden Trainern diesen Prozess zu steuern. Dafür kann man sich eine Übersicht mit Zielen schreiben (noch besser: malen). Anschließend setzt man sich Meilensteine. Wann will ich was geschafft haben? Woran über prüfe ich meine Zielerreichung?
Wer durchhält, den belohnt die Leichtigkeit, die sich einstellt, wenn inhaltliches Wissen, didaktische Fähigkeiten, exzellente Materialien und ein Gefühl für den Umgang mit Zeit zusammenkommen. Dann kann man sich dem Flow des Schaffens hingeben und sich noch tiefer auf Thema und Teilnehmer einlassen. Der US-amerikanische Exzellenzforscher Anders Ericcson würde für diesen Weg wahrscheinlich 10.000 Stunden Seminarpraxis inkl. Reflexion veranschlagen. Genießen Sie die Zeit!
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